Robin Baghdady entstammt einer besonderen Volleyball-Familie. Mutter Juliane (geb. Schlipf) war deutsche Nationalspielerin und als solche WM-Teilnehmerin 1986. Vater Jalal arbeitete sich aus dem Armenviertel von Teheran bis zum iranischen „Sportler des Jahres“ hoch und spielte während seiner erfolgreichen Profikarriere in den 1990er Jahren auch für den VfB Friedrichshafen und zuvor den TSV 1860 München – und dort unter, wie sollte es anders sein, Stelian Moculescu.
Der BR Volleys Meistertrainer von 2018 kennt die Familie also schon seit langer Zeit und nahm jetzt bei der Verpflichtung des Sprösslings eine Art Vermittlerrolle ein. Nachdem Robin Baghdady mit dem B-Kader der Nationalmannschaft im vergangenen Sommer in Friedrichshafen einen Trainingslehrgang unter Moculescu absolviert hatte, machte dieser die Verantwortlichen in Berlin auf den langaufgeschossenen, jungen Mann aufmerksam. Als „das vielleicht größte Talent im deutschen Außenangriff seit Björn Andrae“ beschreibt die Trainerlegende das neuste Gesicht im BR Volleys Team.
Derartige Vorschusslorbeeren genießt der bescheiden auftretende Baghdady mit Vorsicht: „Ich stehe noch immer am Anfang meiner Entwicklung und möchte jetzt in Berlin die nächsten Schritte gehen“, erklärt der Rechtshänder, obwohl er mit gerade einmal 21 Jahren bereits Titel und internationale Erfahrung vorweisen kann: „Mit Volley Amriswil sind wir in der Schweiz zweimal Pokalsieger und einmal Meister geworden. Ich wurde auch schon im CEV Cup eingesetzt, war aber als Jungspund nur Ersatzspieler.“ Das war in den Jahren 2016 bis 2018, danach führte ihn sein Weg nach Kanada an die Brandon University, wo der Schweizer mit deutscher Staatsbürgerschaft mit den sogenannten “Bobcats“ einmal das Meisterschaftsfinale erreichte.
Vom Angebot der BR Volleys fühlte sich Baghdady „sehr geehrt“, wie er berichtet: „Ich wollte die Gelegenheit unbedingt wahrnehmen, weshalb ich die Ausbildung jetzt an der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport (DHGS) mit einem berufsbegleitenden Studium fortsetzen werde.“ Seine konkrete Fachrichtung lautet Sportwissenschaften und angewandte Trainingswissenschaften. „Wir haben für Robin ein Modell gefunden, in dem er sich bei uns sportlich optimal weiterentwickeln kann, ohne dabei seine studentische Ausbildung zu vernachlässigen. Er ist ein hochinteressanter und hochveranlagter Spieler. Sein Potenzial ist genauso groß wie er selbst“, sagt Geschäftsführer Kaweh Niroomand über den längsten der vier Außenangreifer im neuen Kader des Hauptstadtclubs. „Ich hatte Angebote von mehreren Bundesligisten, aber mit der Anfrage aus Berlin stand mein Entschluss sofort fest. Als Kaweh bei meinen Eltern anrief, war die Freude groß“, erzählt der Neuzugang begeistert von der Kontaktaufnahme.
Die besondere Luft im Volleyballtempel durfte Baghdady schon schnuppern, allerdings noch als Beobachter und nicht als Spieler. Mit seinem Vater besuchte er 2015 das CEV Champions League Final Four. Jetzt hofft der Neuzugang, bald vor einer ähnlichen Kulisse in Berlin auflaufen zu dürfen: „In Brandon haben wir meist vor 800 bis 1.000 Zuschauern gespielt, zum Meisterschaftsfinale waren es auch mal 2.000. Hoffentlich wird es möglich sein, in der Max-Schmeling-Halle trotz der Pandemie noch in dieser Saison vor viel mehr Fans aufschlagen zu können. Angst habe ich davor keine, eher verspüre ich Vorfreude, denn ich glaube, ich habe meine besten Matches immer vor großem Publikum gemacht. Das beflügelt mich.“
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