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Junger Mann mit großen Träumen
Eines der wichtigen Projekte der Berlin Recycling Volleys ist die verstärkte Arbeit mit Volleyball-Talenten aus der Hauptstadt. Seit 2016 investiert der Rekordmeister viele Ressourcen in das Berliner Nachwuchskonzept. In der kommenden Saison erhält nun das erste Talent, das auf diesem Weg durchgängig gefördert wurde, einen Platz im Profikader: Zuspieler Djifa Amedegnato hat einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben und arbeitet derzeit mit dem BR Volleys Team auf die Spielzeit 2024/2025 hin.
Wenn der junge Mann über seine nahe Zukunft spricht, platzt die Vorfreude fast aus ihm heraus. „Ich lerne das jetzt alles richtig kennen, vom Einlaufen in der Max-Schmeling-Halle mit dem BR Volleys Team bis hin zu Reisen in der Champions League – das ist noch gar nicht wirklich in meinem Kopf angekommen“, schwärmt Djifa Amedegnato, „wir wollen um jeden Titel kämpfen.“ Dann schaltet er aber schnell mehrere Gänge zurück. Er weiß ja, dass er zum Lernen kommt und nicht direkt als Stammspieler verpflichtet wurde. „Erst mal bin ich sowas von zufrieden, dass ich jetzt dieses intensive Training mitmachen darf. Hier sind nur erfahrene Spieler, viele internationale Spieler.“ Und der 20-Jährige mittendrin.
Amedegnato fühlt sich immer noch wie in einer neuen Welt gelandet. Die vergangenen beiden Jahre durfte der Zuspieler zwar für den VC Olympia Berlin und die Energiequelle Netzhoppers KW auch schon in der Bundesliga ran, doch jetzt trägt er das Trikot des Deutschen Meisters. Wie es dazu kam, vergisst er nicht so schnell, weil es ihn so unerwartet traf. „Ich bekam eine E-Mail aus der Geschäftsstelle“, der Geschäftsführer Kaweh Niroomand wolle sich „mit mir zum Gespräch treffen“, erzählt der Jungspund, „und dann bekam ich dieses Angebot.“ Für einen 3-Jahres-Vertrag. Er musste erst mal Luft holen und sich mit seinen Eltern absprechen. Anschließend sagte er zu. Es ist die große Chance, einen riesigen Karriereschritt zu machen.
Vorher ging es auch schon fast ständig aufwärts, aber eher Schrittchen für Schrittchen. Als kleines Kind wollte Djifa Schwimmer werden – er hatte eine Weltmeisterschaft im Fernsehen verfolgt. Da wollte er auch hin. Nach ein paar Jahren stellte sich heraus: „Es funktioniert nicht. Dann kam Volleyball.“ Da war er elf Jahre alt. In seiner Wolkenstein-Grundschule in Pankow hatte ihn der Trainer Michael „Gustav“ Lenck bei einer Sichtung entdeckt und ihn zum Training beim Berliner TSC eingeladen. Es funkte nicht sofort. Doch als Lenck den jungen Djifa und dessen Kumpel Jannes Wiesner überzeugte, zum Playoff-Finalspiel der BR Volleys gegen Friedrichshafen in die Max-Schmeling-Halle zu gehen, war es um beide geschehen. „Wir sind dort mit unseren Müttern hingegangen, saßen im Oberrang“, erinnert sich der junge Mann, „auf einmal war da eine Riesenstimmung, es war komplett ausverkauft. Es hat so einen Spaß gemacht zuzugucken. Ich glaube, das Spiel endete 3:1 für Berlin. Von dem Moment an hat es mich mehr gereizt, diesen Sport durchzuziehen, weil mir vor Augen geführt wurde, was man werden kann. Das wollte ich auch.“ Diesmal blieb er dabei.
Es war kein leichter Weg, „ich musste viel an mir arbeiten“. In der Annahme und im Angriff waren andere besser, „ich wurde relativ früh ins Zuspiel geschickt. Die Trainer haben meine Hände gesehen, die sahen wohl ganz gut aus.“ Das bestätigt Entdecker Lenck: „Djifa ist so ein Zwischending zwischen Talent und hartem Arbeiter. Wir haben früh gemerkt, wo wir ihn am besten einsetzen können. Er ist sozial stark, klug, zuverlässig – er hat viele Eigenschaften, die ein Zuspieler haben sollte.“ Seit Amedegnato 13 ist, lenkt er das Spiel seiner Mannschaften, verteilt die Bälle. Mit zunehmendem Erfolg: Er kam auf die Sportschule, wo er anfangs noch der Kleinste war, „sogar kleiner als alle Mädchen“, wie er erzählt. Heute zeigt das Maßband 1,97 Meter an. Es folgte die Landesauswahl, er sammelte Medaillen bei Deutschen Meisterschaften mit der U16 und U18, wanderte weiter zum Bundesstützpunkt VC Olympia und erhielt Einsätze in den Nachwuchs-Nationalteams. Damit durchlief er nicht nur alle Etappen, wie sie das Konzept in jungen Jahren vor sieht, sondern schaffte auch den oft so schwierigen Übergang in Richtung mögliche Profilaufbahn.
Nun ist Amedegnato Vollzeitvolleyballer. Vor dem offiziellen Trainingsauftakt ackerte er in den Sommermonaten bereits hart, machte dreimal die Woche mit den Physiotherapeutinnen ein Aufbauprogramm, dazu Athletiktraining im Gym. Das schafft die physische Basis für die bevorstehende Belastung: „Ich spüre schon, dass ich jetzt stärker geworden bin.“ Dass ihn nun ganz andere körperliche Herausforderungen erwarten, als er es bisher gewohnt war, ist ihm bewusst. Amedegnato hat schon einmal mit Johannes Tille und Co trainiert, als er noch beim VC Olympia war. „Dieses Training war so hart, ich dachte, ich falle gleich um. Es war körperlich und mental anstrengend. Alles ging viel schneller, die Spieler springen höher und man muss immer hochkonzentriert sein.“
Einige seiner neuen Mitspieler kannte er also schon vor dem BR Volleys Trainingsbeginn. Auch deshalb, weil er nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr bei den SCC JUNIORS absolvierte. Amedegnato hat als Trainer oder in der Organisation bei Turnieren im Nachwuchsbereich mitgemacht, aber auch vor den Heimspielen im Volleyballtempel mit angepackt und zum Beispiel Werbesticker aufgeklebt. Während der Matches nahm er kurze Instagram-Videos auf und hatte dabei wieder Kontakt zu den Profis. Nicht zuletzt zu Johannes Tille, der als Zuspieler bei den BR Volleys und im Nationalteam in den vergangenen beiden Jahren einen Riesensprung gemacht hat.
„Für mich gibt es nichts Besseres, als mein Vorbild in meinem Team zu haben“, sagt Berlins neue Nummer 9. Tille habe er als sehr offenen und superlieben Menschen kennengelernt, der aber auch Klartext sprechen kann, wenn es im Training nicht funktioniert, wie er es will. „Ich werde versuchen, mit ihm viel zu reden, um zu hören, was er in bestimmten Momenten denkt. Ich möchte seinen Plan verstehen und von ihm lernen.“ Er macht aber auch deutlich: „Johannes Tille ist gelungen, was ich schaffen will: als Backup kommen und dann erster Zuspieler werden.“
Das ist also eine vorsichtige Kampfansage des optimistischen jungen Mannes, der vorerst glücklich über seinen Status Quo ist und trotzdem gern vorwärtskommen möchte. Dazu gilt es, seinen Aufschlag und seine Blockarbeit zu verbessern, natürlich auch sein Zuspiel. Er rechnet sich aus, bei der Vielzahl der Spiele seine Einsatzchancen zu bekommen, wenn es gegen Teams geht, die nicht zur Bundesligaspitze zählen. Sein Traum ist es, einmal an Olympischen Spielen teilzunehmen. Wie Tille jetzt, „das wünscht sich doch jeder Sportler“. Michael Lenck hört das mit gemischten Gefühlen. „Das müssen wir mal sehen, immer schön die Bälle flach halten“, mahnt er, versteht seinen früheren Schützling aber auch sehr gut: „Dieser Fleiß, diese Zielstrebigkeit, die stecken in ihm drin. Da ist er sicher sogar ganz ähnlich wie Tille.“
Zukunftsmusik. Jetzt freut sich Amedegnato, dessen Vater aus Togo stammt und dessen jüngerer Bruder Novissi ebenfalls ein talentierter Zuspieler ist, erst einmal auf alles, was da kommen mag. Erste Highlights werden neben dem Heimauftakt in jedem Fall das erste Auswärtsspiel (27. Sep) und das Pokal-Achtelfinale (06. Nov) sein. Beide Male treffen die BR Volleys nämlich auf die WWK Volleys Herrsching. Es wird das Wiedersehen von zwei Jungs, die vor knapp zehn Jahren als begeisterte Fans im Oberrang der Max-Schmeling-Halle saßen. Denn sein alter Kumpel Jannes Wiesner, mit dem er seitdem immer zusammen in einer Mannschaft gespielt hatte, trägt jetzt das Trikot der Herrschinger.
Wer Amedegnatos ersten Einlauf im Volleyballtempel nicht verpassen möchte, kann sich jetzt Tickets für das Match gegen die Helios Grizzlys Giesen (21. Sep um 18.00 Uhr) sichern: www.br-volleys.de/ticketshop