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Der fehlende Mosaikstein

Do 14.11.2024
Fotos: BBSC/Andreas Gora
Fotos: BBSC/Andreas Gora

Im Zuge ihrer Nachhaltigkeitsstrategie haben die Berlin Recycling Volleys im Jahr 2024 eine neue Partnerschaft geschlossen. Seit einigen Monaten unterstützt der amtierende Deutsche Meister im Männerbereich die in dieser Saison in die 2. Bundesliga Pro aufgestiegene Frauenmannschaft des Berlin Brandenburger Sportclubs (BBSC). Der in der alltäglichen Praxis wachsenden Kooperation steht im Januar das erste Leuchtturmevent bevor: Ein Doppelspieltag in der Max-Schmeling-Halle.

An einen Abend im vergangenen Januar kann sich Kaweh Niroomand noch recht gut erinnern. In der Geschäftsstelle des Berlin Brandenburger Sportclubs in der Köpenicker Hämmerlingstraße trafen Vertreter beider Vereine aufeinander, in direkter Nachbarschaft zum Sportpark des 1. FC Union, tief im Berliner Osten. „Die Verantwortlichen waren überrascht“, erzählt der Manager der Berlin Recycling Volleys von der zu Beginn herrschenden Skepsis bei der kleinen Versammlung. Gemeinsam mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Matthias Klee hatte er sich auf den Weg gemacht, um Möglichkeiten einer Kooperation zwischen den BR Volleys und dem BBSC zu erörtern. Eine Frage habe förmlich in der Luft gelegen: „Was haben die vor? Warum will der Niroomand uns hier helfen?“ Die ungestellte Frage hinter der Frage: Will man uns etwa übernehmen?

Das Misstrauen ist inzwischen Vertrauen und einer guten Zusammenarbeit gewichen. „Man musste sich ja erst einmal beschnuppern. Wir haben aber das Gefühl, dass die BR Volleys eine faire Partnerschaft mit uns anstreben und sind sehr zufrieden“, berichtet Andreas Tamm, Geschäftsführer des BBSC, „wir haben darüber gesprochen, wie der Klub nachhaltig professioneller wird und vielleicht in naher Zukunft hauptamtliche Stellen schaffen kann.“ Dabei kann der 14-malige Deutsche Meister helfen und hat schon sehr geholfen. „Wir sind sehr dankbar für die ganze Unterstützung“, sagt Tamm, „die BR Volleys öffnen uns Türen und informieren uns: Wie können wir welche Schritte machen, damit wir professioneller werden?“ Niroomand habe den Zugang zum Sponsorennetzwerk ermöglicht, mit Klee habe er sich fast jeden Tag besprochen. „Wir haben sehr viel gelernt, wir durften hinter die Kulissen schauen und alle Fragen stellen.“


Durch die Hilfe des etablierten Bundesligisten schmücken jetzt die neuen Partner Berlin Recycling, Securitas und die GIG Unternehmensgruppe das Trikot der ambitionierten Köpenickerinnen. Lotto Berlin ist ein weiterer Unterstützer aus dem Pool der BR Volleys. Eine Frage ist noch nicht beantwortet: Warum das Engagement? Niroomand nennt zwei Gründe. „Zum einen messen wir uns in der Stadt Berlin an den anderen Proficlubs und schauen auch, was diese richtig machen. Da spielt der Frauensport bei fast allen inzwischen eine wichtige Rolle“, antwortet er. Alba Berlins Frauen etwa wurden gerade Deutsche Meisterinnen, die Frauen des 1. FC Union nehmen Kurs auf die Bundesliga. „Zudem stellen wir als Sportverein und kleines Unternehmen Ansprüche an uns selbst. Die gesellschaftliche Verantwortung bildet sich bei uns in mehreren Bereichen ab: in unserer strategischen Jugendarbeit, im sozialen Engagement und in der ökologischen Nachhaltigkeit. Das letzte Puzzlestück, das fehlte, ist das Thema Gleichberechtigung.“

Bevor er und Klee ins Auto nach Köpenick gestiegen waren, hatte es auch andere Gedankenspiele gegeben, wo man dieses Puzzleteil finden könnte. Gründet man selbst einen Verein, gliedert man ein Frauenteam bei den BR Volleys ein? Diese Pläne waren jedoch bald vom Tisch. „Das ist uns alles zu viel und auch finanziell für uns nicht zu stemmen, eine erfolgreiche Frauenmannschaft für die Bundesliga aufzubauen“, sagt Niroomand. So kamen die BR Volleys auf den BBSC, der ein kompletter Mädchen- und Frauenverein ist und sich sehr um Nachwuchsarbeit bemüht. Diese soll noch forciert werden. „Wir haben mit dem Volleyball-Verband Berlin angestoßen, dass dort mit den Jugendlichen ein ähnlicher Weg bestritten wird, wie wir das bei den Jungen machen.“

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Und nicht zuletzt gibt es ja in Köpenick schon eine Zweitligamannschaft, die höhere sportliche Ziele verfolgt. Gegründet wurde der Verein 2005 als Nachfolger des insolventen Bundesligisten VC 68 Eichwalde, der bereits für seine sehr gute Nachwuchsarbeit bekannt war. Initiatorin war Annette Klatt, Olympia-Zweite 1980 in Moskau mit dem Nationalteam der DDR. Sie ist heute Vereinsvorsitzende des BBSC. Knapp 300 Mitglieder zählt der Klub, 250 davon sind aktive Spielerinnen. Im vergangenen Jahr schafften aus dem Nachwuchsbereich die U14, die U20 und zwei Beachvolleyball-Duos die Qualifikation für die Endrunden um die Deutsche Meisterschaft. Schon 2017 gelang der Aufstieg der Frauen in die 2. Bundesliga; in dieser Saison treten die Köpenickerinnen in der 2023 gegründeten 2. Bundesliga Pro an, durch die der Abstand zwischen Eliteliga und der nächsten Spielklasse verringert werden soll. Dort belegt die Mannschaft einen Mittelfeldplatz.

Dabei muss es nicht bleiben. Die 2009 eröffnete, schmucke Halle an der Hämmerlingstraße bietet erstklassige Bedingungen. 1000 Zuschauerinnen und Zuschauer finden dort Platz. Bei den Finanzen und in der Struktur des Zweitligisten dagegen muss noch viel passieren. Für einen weiteren Aufstieg „sollte der Etat schon in Richtung eine Million Euro wandern“, so Tamm. Schließlich kämpfe man in Berlin gegen große Vereine um jeden Besucher, da braucht es Erfolge und gute Platzierungen, um neue Fans und Sponsoren hinzuzugewinnen. Berlin ist eben nicht Schwerin oder Lüneburg. „Das ist eine ganz andere Herausforderung als in kleineren Städten, wo die ganze Region hinter dem Verein steht“, sagt der BBSC-Geschäftsführer. Dennoch lässt er an einem Ziel keinen Zweifel: „Wir wollen mittelfristig in die 1. Bundesliga aufsteigen. Wenn wir das angehen, muss es aber so solide finanziell ausgestattet sein, dass wir es auch langfristig machen können.“ Das wird zu einem großen Teil auch von ihm abhängig sein, denn er ist für die Sponsorensuche zuständig.

Tamm sagt, man wolle der BBSC bleiben. Da hört er von Niroomand keinen Widerspruch – im Gegenteil. „Das ist uns ganz lieb, damit haben wir auch nicht die gesamte Verantwortung. Und der BBSC hat nicht das Gefühl, man wird überrumpelt oder gar übernommen. Das wollen wir gar nicht.“ Er betont vielmehr: „Wir können nicht stemmen, dass diese Mannschaft irgendwann, finanziell von uns getragen, in die erste Liga aufsteigt und dort oben mitspielt. Wir können nur einen Anschub geben. Dafür haben wir Mittel organisiert. Wir hoffen, dass sich der BBSC jetzt mehr professionalisiert.“ Zum Beispiel, indem dieser eine oder zwei Menschen hauptamtlich beschäftigt. Bisher ist der Verein komplett auf das Ehrenamt ausgerichtet.

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Derzeit ist Tamm auf der Suche nach einer Person, die hauptamtlich die sportliche Leitung aller Altersklassen übernimmt und einer weiteren, die in der Geschäftsstelle arbeitet. Davon hängt vieles ab. „Unser Ziel ist es, ein Frauenvolleyball-Projekt in Berlin im Sinne unseres Sportes und im Sinne unserer gesellschaftlichen Aufgabe, nämlich der Gleichberechtigung, zu ermöglichen und ihm mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen“, sagt Niroomand, „alles Weitere müssen die Leute vom BBSC selbst in den nächsten zwei bis drei Jahren beflügeln und hochbringen.“ Auf diesen Zeitraum ist die Starthilfe vorerst angelegt. Beim Doppelspieltag am 11. Januar in der Max-Schmeling-Halle kann der BBSC zeigen, dass er sportlich und strukturell erste Fortschritte gemacht hat. „Das Event wird eine Strahlkraft geben“, sagt Tamm zuversichtlich. Der Tag soll zeigen, dass es in Berlin auch schon sehr guten Frauenvolleyball gibt. Und nicht zu vergessen: „Es wird eine Riesensache für die Mädels.“

Der offizielle Ticketverkauf für den Doppelspieltag beginnt am Montag (18. Nov). Exklusiv sind Karten für das Premierenevent, das am 11. Januar dann zwei Spiele zum Preis von einem in der Max-Schmeling-Halle bietet, bereits jetzt über die BR Volleys App verfügbar.

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